EU-Verordnung über Verbot der Zwangsarbeit in Kraft getreten
EU-Verordnung über Verbot der Zwangsarbeit in Kraft getreten
Am 12. Dezember 2024 trat die Verordnung VO (EU) 2024/3015 über das Verbot von Produkten, die unter Einsatz von Zwangsarbeit auf dem Unionsmarkt hergestellt wurden, („FLR“) in Kraft. Das Verbot wird ab dem 14. Dezember 2027 auf Produkte Anwendung finden, die in die EU in Verkehr zu bringen, bereitzustellen oder aus der EU exportieren. Die FLR folgt unter anderem dem US-amerikanischen „The Uyghur Forced Labor Prevention Act (“UFLPA”)“, der ebenfalls Importverbote für Produkte aus Zwangsarbeit beinhaltet.
Produktunabhängiger Anwendungsbereich
Die Verordnung adressiert unabhängig von Umsatz oder Firmensitz alle „Wirtschaftsakteure“ und damit jede natürliche oder juristische Person oder Personenvereinigung, die Produkte auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringt, bereitstellt oder Produkte ausführt. Sie adressiert somit auch Wirtschaftsakteure außerhalb der EU, sofern sie Produkte in der Union in Verkehr bringen oder bereitstellen. Die FLR gilt sowohl für große Unternehmen als auch für Einzelkaufleute. Das Bereitstellen erfasst dabei nicht nur den Verkauf im Ladengeschäft, sondern auch im Wege des Fernabsatzes, wenn sich das Angebot an Endnutzer in der Europäischen Union richtet.
Verlust der Verkehrsfähigkeit für Produkte im Zusammenhang mit Zwangsarbeit
Die FLR verbietet Unternehmen, Produkte, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden, in Verkehr zu bringen, bereitzustellen oder auszuführen. Hinsichtlich der Definition der Zwangsarbeit und von staatlichen Behörden auferlegte Zwangsarbeit knüpft die FLR an Art. 2 der ILO-Konvention Nr. 29 und an Art. 1 der ILO-Konvention Nr. 105 an. Außerdem umfasst die FLR auch Zwangsarbeit von Kindern ein.
Die Beurteilung erfolgt bezüglich allen Be- oder Verarbeitungen auf beliebigen Stufen der Lieferkette. Ausgenommen sind Retouren von Produkten, die bereits bei einem Endnutzer auf dem Unionsmarkt waren.
Ein Verstoß gegen das Verbot der FLR setzt keine Kenntnis darüber voraus, dass das Produkt durch Zwangsarbeit hergestellt wurde. Für einen Verstoß genügt außerdem bereits, wenn auf einer Vorstufe bei der Herstellung eines Produkts irgendeines der Bestandteile unter Zwangsarbeit hergestellt wurde.
Beweislastumkehr: Behörden müssen Verstoß nachweisen
Zuständig für die Übermittlung potenzieller Verstöße außerhalb der EU ist die Kommission; für Verstöße innerhalb der EU der jeweilige Mitgliedstaat. Den Beweis, dass ein Produkt in Zwangsarbeit hergestellt wurde, muss die zuständige Behörde erbringen. Damit unterscheidet sich die FLR in einem wesentlichen Punkt von der EU-Entwaldungsverordnung („EUDR“).
Die behördliche Durchsetzung des Verbots erfolgt in mehreren Schritten. Im Rahmen der Voruntersuchung soll geklärt werden, ob ein begründeter Verdacht eines Verstoßes besteht. Bestätigt sich – nach Stellungnahme des betroffenen Unternehmens – dieser Verdacht, besteht die Pflicht zur Übermittlung von weiteren Informationen. Stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest, erlässt sie unverzüglich einen Bescheid, der ein Verbot des Inverkehrbringens, der Bereitstellung und ein Verbot der Ausfuhr betroffener Produkte enthält und das Unternehmen verpflichtet, die Produkte aus dem Verkehr zu ziehen, zu vernichten und vom Markt zu nehmen. Nur so kann eine Wiederausfuhr oder Wiederverwendung zuverlässig verhindert werden kann. Die Entscheidung wird außerdem den nationalen Zollbehörden übermittelt. Diese sind angewiesen, die Überlassung der durch die Behörde verbotenen Produkte in den zollrechtlich freien Verkehr und deren Ausfuhr auszusetzen. Die zuständige Behörde kann darüber hinaus Sanktionen bei Nichteinhaltung eines behördlichen Verbots verhängen.
Nationale Vorbereitungsmaßnahmen
Die EU-Mitgliedstaaten haben nun bis zum 14. Dezember 2027 Zeit, nationale Kontrollmechanismen einzurichten. Diese sollen sicherstellen, dass verdächtige Produkte identifiziert und geprüft werden. Insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sollen Hilfestellungen zur erleichterten Umsetzung geboten werden. Alle relevanten Informationen sollen über das „Zentrale Portal gegen Zwangsarbeit“ gebündelt werden, darunter die Kontaktdaten der zuständigen Behörden, zu erarbeitende Leitlinien für Wirtschaftsakteure sowie eine Datenbank über Zwangsarbeitsrisiken. Diese Risiken werden nach Regionen und Produkt(-gruppen) aufgeschlüsselt und auf die Informationen unabhängiger Akteure wie den Vereinten Nationen oder Universitäten gestützt. Außerdem sollen alle im Rahmen von Untersuchungen notwendigen Informationsübermittlungen über das zentrale Portal geschehen.
Ausblick und Herausforderungen für Unternehmen
Unternehmen haben nun bis Ende 2027 Zeit, ihre Lieferketten umfassend zu prüfen, Transparenz in den Lieferketten herzustellen und so ihre FLR-Konformität sicherzustellen. Eine sorgfältige Vorbereitung ist wichtig, da Unternehmen ansonsten ohne eigenes Verschulden ein Verlust ihrer Waren droht, wenn ein Bestandteil ihres Produkts an irgendeiner Stelle im Herstellungsprozess unter Zwangsarbeit nachweislich hergestellt wurde und die Behörden ein Verbot des Inverkehrbringens, Bereitstellens und der Ausfuhr oder Maßnahmen, wie Produktrückrufe aussprechen. Zudem liegt ein sanktionsbewehrter Verstoß gegen die Verordnung bereits dann vor, wenn Unternehmen die von den Behörden angeforderten Informationen nicht fristgemäß zur Verfügung stellen. Die Fristen im Untersuchungsverfahren zur Bereitstellung der Informationen sind knapp. Insbesondere Unternehmen mit komplexen, globalen Lieferketten sollten die Zeit bis Ende 2027 daher nutzen, um größtmögliche Transparenz in den Lieferketten herzustellen. Dies wird Ihnen auch im Hinblick auf andere europäische Rechtssätze zugutekommen, so dass Synergien genutzt werden können: Ein Unternehmen, das relevante Erzeugnisse nach der EUDR in der EU in Verkehr bringt, bereitstellt oder aus der EU ausführt muss auch nach der EUDR das Risiko der Zwangsarbeit bei der Erzeugung relevanter Erzeugnisse aufdecken und vermeiden. Zudem muss ein Unternehmen, das in den Anwendungsbereich der CSDDD fällt, künftig auch nach Umsetzung der CSDDD in nationales Recht Fälle von Zwangsarbeit in den Lieferketten verhindern oder angemessen minimieren.
Darüber hinaus sollten die weiteren Entwicklungen, insbesondere der von der EU-Kommission angekündigter Leitfaden uns weitere Hilfsmaterialien zur Umsetzung der Verordnung, aufmerksam verfolgt werden.